PHANTOMSCHMERZWas bleibt nach dem Verlust des Elternhauses? Schmerz, hervorgerufen durch den Anblick des Inventars eines veräußerten Gebäudes. Es sind die Reliquien mehrerer Generationen, die - mit Abstand betrachtet - entzaubern, ernüchtern, ja schmerzen.
Überbleibsel mehrerer Generationen und einer längst vergangenen Kindheit. Die Reste eines ehemals „prallen” Lebens wirken auf den unbeteiligten Betrachter wie „Sperrmüll”, abgestellt in einem chaotischen Keller. Hier wird jeder Besucher gnadenlos an seinen eigenen „Keller” erinnert und daran, dass die Zeit läuft, unaufhaltsam dem Zeitpunkt entgegen, an dem das Inventar des eigenen Lebens zur Müllhalde wird, dem Entrümpler zur Entsorgung preisgegeben. Der Anblick dieses „Sperrmülls” lässt die Schmerzen erahnen, die derjenige spüren mag, der vor den Resten seiner Kindheit und des Lebens seiner Vorfahren steht; oder aber den bitteren Beigeschmack der Erkenntnis, dass alles, was das eigene Leben in diesem Moment ausmacht, für Außenstehende nichts bedeutet, vielmehr kühl und emotionslos als lästiger Abfall betrachtet wird. Endstation! Unschön ehrlich, alt, muffig, verstaubt ans Licht gerückt, sichtbar für
alle. Nichts bleibt unter den Teppich gekehrt. Da ist die Brieftasche samt Angelschein und
Jagdausweis des unbekannten Großvaters, da so früh von einem Betrunkenen totgefahren.
In der Nähe Ein überdimensionales Portrait-Foto des „Alter Ego” lächelt von dem Fenster hinab in den übervollen Raum. Auseinandergenommen und hintereinander gelehnt, wirken die Wände eines übergroßen Kaninchenlaufstalles seltsam überflüssig - hier ist kein Einsperren mehr nötig. An den Wänden erinnern frühkindliche Kunstwerke von einer Kindheit in der Natur auf dem Lande. Zwischen all‘ dem sind drei eigenständige Werke erkennbar: An der Endstation angelangt, am „Jüngsten Gericht”, wird ebenfalls alles sichtbar sein. Dann heißt es hinschauen in unsere tiefsten Tiefen und dunkelsten Schatten. Durch enge Gassen und auf krummen Wegen lohnt es sich, weiterzusuchen, den Weg ins Licht zu finden.Es gibt ihn, den Weg! Einen sehr engen roten „Tunnel“, einen Durchgang. Der unbeirrte Betrachter geht weiter ins Helle, Klingende, in den Duft der Klarheit. „Unruhig ist mein Herz, bis es ruht in Dir …“, sagt der heilige Augustinus. Im „Auferstehungsraum” angekommen, kann man durchatmen. Ein heller, lichtdurchfluteter Altarraum mit Weihrauchfass, Weihwasserkrug und Gebetsbank lässt zur Ruhe kommen. Sabine Neuhaus |